23.05. – 01.07.2019
Inspiriert durch zahlreiche Seestücke von William Turner bis Gerhard Richter entstand während einiger Tage am Meer eine Fotoserie, mit der ich die Wirkungen von Licht und Zeit zeigen und verstehen wollte.
Die formale Ähnlichkeit dieser Horizont-Bilder weckte den Impuls, den schichtweisen Bildaufbau durch wenige, aber gezielte Manipulationen am Computer zu verstärken.
Bei den so erzeugten Meeresbildern fällt es schwer, die Elemente Linie, Fläche und Farbe auseinanderzuhalten.




Was mich zu den Horizontbildern inspiriert hat:
„Sommerferien an der See! Begriff wohl irgend jemand weit und breit, was für ein Glück das bedeutete? Nach dem schwerflüssigen und sorgenvollen Einerlei unzähliger Schultage vier Wochen lang eine friedliche und kummerlose Abgeschiedenheit, erfüllt von Tanggeruch und dem Rauschen der sanften Brandung … Vier Wochen, eine Zeit, die an ihrem Beginn nicht zu übersehen und ermessen war, an deren Ende zu glauben unmöglich und von deren Ende zu sprechen eine lästerliche Roheit war.
Aber die Zeit verging unaufhaltsam im Wechsel von Regen und Sonnenschein, See- und Landwind, stiller, brütender Wärme und lärmenden Gewittern, die nicht über das Wasser konnten und kein Ende nehmen zu wollen schienen. Es gab Tage, an denen der Nordostwind die Bucht mit schwarzgrüner Flut überfüllte, welche den Strand mit Tang, Muscheln und Quallen bedeckte und die Pavillons bedrohte. Dann war die trübe, zerwühlte See weit und breit mit Schaum bedeckt. Große, starke Wogen wälzten sich mit einer unerbittlichen und furchteinflößenden Ruhe heran, neigten sich majestätisch, indem sie eine dunkelgrüne, metallblanke Rundung bildeten, und stürzten tosend, krachend, zischend, donnernd über den Sand… Und es gab andere Tage, an denen der Westwind die See zurücktrieb, daß der zierlich gewellte Grund weit hinaus freilag und überall nackte Sandbänke sichtbar waren, während der Regen in Strömen herniederging, Himmel, Erde und Wasser ineinander verschwammen und der Stoßwind in den Regen fuhr und ihn gegen die Fensterscheiben trieb, daß nicht Tropfen, sondern Bäche daran hinunterflossen und sie undurchsichtig machten. Und wieder kamen andere Tage, träumerische, blaue, ganz windstille und brütend warme, an denen die blauen Fliegen summend in der Sonne über dem »Leuchtenfeld« standen und die See stumm und spiegelnd, ohne Hauch und Regung lag.“
(aus „Buddenbrooks“ von Thomas Mann)
